Das Wort zum Dienstag

Das Wort zum Dienstag


Liebe EinmacherInnen & RetterInnen

Sind wir jetzt irgendwo dazwischen? Zwischen mittendrin und danach. Oder schon im danach? Ich weiss gar nicht mehr richtig wann das mittendrin begann. Für jeden wohl anders.
Ich erinnere mich, wie jemand sagte, da kommt etwas Grosses auf uns zu. Und dann das Ahnen, dass dieses Grosse tatsächlich kommt. Die Schulen, die schliessen, die Kinder zu Hause und diese Sitzung, nach der wir unsere Laptops packten und damit in unsere Wohnungen fuhren.
Die neue Gewissheit: es gibt systemrelevante Jobs und andere. Der neu erwachte Respekt vor denjenigen Menschen, welche unsere Gesellschaft am Laufen halten. Und die kollektive Scham darüber, dass es vorwiegend Berufe sind, die nicht entsprechend ihrer Wichtigkeit bezahlt werden. Dann diese seltsame Stimmung beim Einkaufen. Und später die Witze übers hamstern.
Und vielleicht ging es gar nicht ums Hamstern. Vielleicht war es eine Art Übersprunghandlung. Aus einer Hilflosigkeit heraus entstanden: irgendetwas muss man doch tun. Irgendwie reagieren. Verbunden mit diesem seltsamen Prickeln auch, welches die Gewissheit mit sich bringt, dass grad die ganze Welt einen abrupten Stopp hinlegt.
Dann Tag für Tag Sitzungen über den Bildschirm. Der Blick in andere Wohnungen. Viele weisse Wände. Wie wir als Team auch über die Distanz gut funktionieren. Manchmal läuft auch der Feierabend über den Bildschirm. Von Wohnung zu Wohnung anstossen.
Spaziergänge am frühen Morgen. Über Mittag. Am Abend. Den Frühling erwachen sehen. Der Wald jeden Tag anders und immer da. Zuversicht tanken zwischen Bärlauch. Später zwischen Rapunzeln. Und Waldmeister. Der Himmel weit und still. Die Flugzeuge in Dübendorf eines neben dem anderen parkiert. Die April-Trockenheit, die mir den Schlaf raubt. Wache Nächte in Gesellschaft dieses Gefühls, dass die Probleme vor denen wir stehen immens sind.
Die Klimakrise. Corona. Und dann glimmt eine Hoffnung auf, dass wir diese Zäsur nutzen. Die Dinge neu denken. Post-Corona als etwas, wo es um Werte, kluge Voraussicht und um gesunden Menschenverstand geht.
Überall das Wort Resilienz. Resilienz anstelle von Effizienz. Resilienz anstelle von Kurzsichtigkeit. Resilienz anstelle von Hochmut. Wo es gilt, in Zusammenhängen und Kontexten zu denken. Linear ist zu wenig. Und die Hoffnung hüpft übermütig. Alles wird gut. Corona macht weise.
Dann verspricht der Bundesrat der Flugbranche Geld, ohne Klimaauflagen zu machen. Dann diese unheilvolle Nestle-Cassis-DEZA-Liaison. Und manchmal träume ich, dass diese zwei Fauxpas nur Ausrutscher aus einem turbulenten Mittendrin sind, wo das Vorher noch nachklingt, aber eigentlich sind wir dran, mit frischen Ideen, Zuversicht und Mut in die Welt nach Corona aufzubrechen.

Text: Julia Hofstetter

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